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Jahrestagung 2000 der IALE Region Deutschland

Naturräumliche und kulturlandschaftliche Vielfalt - Untersuchung mit Landschaftsstrukturmaßen

Ulrich Walz, Institut für ökologische Raumentwicklung e.V., Dresden

Um einen Landschaftsausschnitt danach zu beurteilen, ob ein möglichst hoher bzw. angepaßter Grad der Landschaftsvielfalt erreicht wird, müssen einerseits naturbedingte und andererseits kulturlandschaftliche Ausstattungsmerkmale herangezogen werden. Dabei ist eine Unterscheidung nach möglichen positiven und negativen Voraussetzungen für eine hohe landschaftliche Diversität zu treffen. Als Voraussetzung für eine hohe landschaftliche Vielfalt ist zunächst die Naturräumliche Vielfalt im Sinne der primären Landschaftsstruktur zu betrachten. Wesentliche Kriterien sind das Relief, die Bodenformen und die natürliche Gewässerdichte. Aufbauend auf der Naturräumlichen Vielfalt ist die Kulturlandschaftliche Vielfalt im Sinne der sekundären Landschaftsstruktur zur Charakterisierung der aktuellen Landschaftsstruktur heranzuziehen. Zu bewerten sind die Flächennutzung und die Infrastruktur, insbesondere der Zerschneidungsgrad sowie verbliebene naturnahe (Teil-)Räume. In diesem Beitrag sollen Indizes zu den genannten Themen im Ausschnitt des Kartenblattes Pirna der Topographischen Karte 1:25.000 untersucht werden.

Auswertungen zur naturräumlichen Landschaftsstruktur

Die Erfassung der Morphologie ist zur Beschreibung der geomorphologischen Strukturdiversität notwendig, da das Vorhandensein und die räumliche Verknüpfung von Hohl- und Vollformen (z.B. Talzüge, Auen, Kuppen, Höhenrücken, Dellen usw.) einen Rückschluß auf die zu erwartende biologische Vielfalt zuläßt. Zur Ableitung morphologischer Kennwerte aus einem digitalen Höhenmodell wurde eine von BLASCYNSKI (1997) beschriebene Methode genutzt. Um Aussagen zur Vielfalt der Bodenformen zu erhalten, wurde die Mittelmaßstäbige Standortkarte (MMK) ausgewertet.

Die Parameter für die reliefbedingte Vielfalt (Hangneigung, Exposition und Wölbung) wurden zusammen mit der Vielfalt der Standorteinheiten und der Randlängendichte der Gewässer in ein gemeinsames Raster mit einer Kantenlänge von 1 km integriert. Durch eine ordinale Skalierung und Verknüpfung der einzelnen Attribute läßt sich eine Gesamtbewertung für die Vielfalt von Relief, Boden und Gewässer ableiten. Als gut interpretierbar erweist sich für die Morphologie die Shannon-Diversität. Deutlich heben sich vielfältig strukturierte Bereiche in den von Talzügen geprägten Rastern ab. Der Interspersion and Juxtaposition Index zeigt für die Verteilung der einzelnen Standorttypen der MMK die Stärke des Zusammenhangs der einzelnen Patches an. Für die Beschreibung der Gewässervielfalt bot sich die Erfassung der Gewässerlänge je Rasterfläche an. Die Gesamtbewertung erfolgte über die Bildung eines durchschnittlichen Wertes aus den drei ordinal skalierten Indizes. Es zeigte sich, daß eine Auswertung der Naturräumlichen Vielfalt durchaus interpretationsfähige Ergebnisse liefert und Vergleiche zwischen unterschiedlichen Räumen ermöglicht.

Auswertungen zur nutzungsbedingten Landschaftsstruktur

Zur Charakterisierung der kulturlandschaftlichen Vielfalt ist insbesondere die Auswertung von linearen Elementen der Landschaft notwendig. Dabei handelt es sich zum einen um lineare Infrastruktureinrichtungen wie Straßen, Wege, Eisenbahnlinien oder Hochspannungsleitungen. Zum anderen ist jede Grenze zwischen zwei angrenzenden Nutzungen als ein lineares Element zu betrachten. In der Ökologie werden solche Bereiche als Ökoton bezeichnet. Von linearen Infrastruktureinrichtungen gehen häufig Störwirkungen aus, Ökotone dagegen sind in der Regel als positiv zu bewerten. Für Auswertungen zur Infrastruktur können meist vorhandene Geodatenbestände genutzt werden, während diese Datenquellen zur Erfassung der Ökotone in der Regel kaum Informationen enthalten. Insbesondere spielen hier Grenzen zwischen Flurgehölzen / Grünland bzw. Ackerland und Grenzen der Ackerschläge oder Raine eine Rolle. Deshalb werden moderne Fernerkundungsmethoden benötigt, um diese Datenlücke zu füllen.

Parameter zu flächenhaften Landschaftsstrukturen können aus vorhandenen Datenbasen wie ATKIS oder der Biotoptypenkartierung abgeleitet werden. Bei Letzterer liegt die Stärke hauptsächlich in der detaillierten Darstellung von naturnahen Landschaftsobjekten (Vegetation), während ATKIS Vorteile in der Darstellung von Siedlungsflächen und Infrastruktur aufweist. Um diese beiden Stärken miteinander zu verbinden, wurden beide Datenbestände selektiv miteinander kombiniert und zur Auswertung von Landschaftsstrukturmaßen auf der Basis der 1-km-Raster herangezogen. Damit konnten Vergleichswerte zu den Auswertungen der Naturräumlichen Vielfalt berechnet werden.

Der Fragmentierungs-Index ist ein Maß für die Komplexität des Karteninhaltes. Er wurde hier sowohl für naturräumliche als auch für nutzungsbedingte Strukturen angewendet. Der Landscape Shape Index, der die Randlängen mit dem eines Standardkreises gleicher Fläche vergleicht, gibt einen Überblick über die Stärke der Zergliederung der Landschaft. Als aussagekräftig zeigen sich der Largest patch index, der Landscape Shape Index, die Shannon Diversity und der Interspersion and Juxtaposition Index. Die Shannon Diversity zeigt die hohe Nutzungsvielfalt im Bereich der eingetieften Täler, aber auch in Bereichen, in denen Siedlung, Wald und Offenland stark durchmischt sind. Sehr instruktiv ist auch das Ergebnis des Interspersion and Juxtaposition Index, der deutlich eine fehlende Durchmischung der einzelnen Nutzungen im großen Siedlungsbereichen anzeigt. Vergleicht man die Werte der Naturräumlichen Vielfalt mit denen der Kulturlandschaftlichen Vielfalt, so fällt die starke Überprägung der naturräumlichen Gegebenheiten im Kartenblatt Pirna v.a. im Elbtal auf während die vielfältigen Reliefstrukturen im südlichen Bereich des Kartenblattes durch die Nutzung verwischt werden.

Zusammenfassung

Es wurden Auswertungsmöglichkeiten zu Naturräumlicher und Nutzungsbedingter Strukturvielfalt beschrieben und ein breites Spektrum der Anwendung von Landschaftsstrukturindizes und den verschiedenen Datenquellen aufgezeigt. Mit diesen Indizes können Zusammenhänge zwischen Naturraum und Kulturlandschaft bewertet und Defizitbereiche herausgearbeitet werden. Die Beschreibung der Naturräumlichen Vielfalt mit Landschaftsstrukturmaßen macht Sinn, da die unterschiedlichen Reliefformen funktional betrachtet untereinander in einem Beziehungsgefüge aus Stoff- und Energieströmen stehen. Bei der Auswertung der Kulturlandschaftlichen Vielfalt spielen insbesondere die linienhaften Strukturen eine wichtige Rolle. Zu ihrer Auswertung konnten Stärken der neuen hochauflösenden panchromatischen Satellitendaten des IRS-1C in der automatischen Detektion und Extraktion von Kanten festgestellt werden. Schwierigkeiten bereitet hier vor allem eine sinnvolle Unterscheidung der einzelnen Linienelemente nach ihrer funktionellen Wertigkeit. Trotzdem wird auch an dieser Stelle deutlich, daß eine Auswertung von Fernerkundungsdaten für die landschaftsstrukturelle Bewertung ohne Zusatzdaten kaum möglich ist. So ist es notwendig verschiedene Datenquellen miteinander zu verbinden um die spezifischen Vor- und Nachteile einzelner Datenbasen ausgleichen zu können und um Inhalte gegenseitig zu ergänzen.

 

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