Jahrestagung 2000 der IALE Region Deutschland
Erfassung und Analyse von Landschaftsstrukturmustern und deren Veränderungen in der Tagebaufolgelandschaft des Südraumes Leipzig mit Methoden der Geoinformation und Fernerkundung
Angela Lausch, Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Permoser Str. 15, D-04318 Leipzig
Die Landschaft des Südraumes Leipzig befindet sich, durch die massiven Einwirkungen des Menschen in den letzten Jahrhunderten, in einem Prozess der "Landschaftssukzession". Es ist eine instabile Landschaft, in deren Ablauf es zu einer raum-zeitlichen Änderung von Landschaftsstrukturen und Raummuster der raumbestimmenden Landschaftselementen, Biotopen und Landschaftseinheiten kommt. Diese Entwicklung zieht auch Änderungen in der Funktion und Dynamik des Ökosystems nach sich, die in ihrem Fortgang nur schwer erfassbar und messbar sind. Die Existenz und das Wissen über räumlich dynamische Prozesse macht den Einsatz neuer quantitativer Methoden und Bewertungsansätze notwendig, mit dessen Hilfe Raummuster erfasst, quantifiziert und dargestellt werden können.
In dieser Arbeit wird untersucht, welchen Beitrag die Fernerkundung als neue Methode zur Analyse von raum-zeitlichen Landschaftsstrukturmustern unterschiedlicher räumlicher und zeitlicher Skalen in der Region der Tagebaufolgelandschaft ,Südraum Leipzig' zu leisten vermag. So wird neben den Möglichkeiten auch auf die Grenzen der Einbeziehung von Fernerkundungsdaten zur Analyse von Indikatoren der Landschaftsstruktur hingewiesen. Folgende Ergebnisse wurden erreicht:
1. Multitemporale Untersuchungen der Veränderungen der Tagebaufolgelandschaft des Südraumes Leipzig für die Zeitschnitte 1990 bis 1996 bzw. der landschaftsplanerischen Entwicklungskonzeption des Jahres 2020 für wichtige Flächennutzungsstrukturen mit GIS und Fernerkundungsdaten.
- Flächenstatistik und deren Veränderungen (1990 bis 2020
- Untersuchungen der Dichte sowie deren Veränderungen (1990 bis 1996)
- Untersuchungen von landschaftsbestimmenden Raumstrukturmaßen und deren Veränderungen (1990 bis 2020).
2. Raum-zeitliche Analysen von Landschaftsstrukturmaßen (Raumstrukturmaßen)
- Erfassung und Bewertung landschaftsbestimmender Raumstrukturmaße
- Erfassung der raum-zeitlichen Veränderung von Raumstrukturmaßen
- Untersuchung zu notwendigen Rahmenbedingungen der Erfassung von Raumstrukturmaßen aus Fernerkundungsdaten (Rasterzellgröße, Maßstabsproblematik, Erfassung des wahren Abbildes der Landschaft aus Fernerkundungsdaten, Verwendung unterschiedlicher Datenmodelle).
3. Erste Ansätze zur Integration von Berechnungen zu Raumstrukturmaßen in Bewertungsverfahren
Die Tagebaulandschaft des Südraumes Leipzig erwies sich für die Analyse der Biotop- und Landschaftsstruktur sowie Analysen zum Landschaftsmonitoring als sehr gutes Untersuchungsgebiet.
Strukturelle Merkmale der terrestrischen Landbedeckung sind in komplexer Weise mit einer Vielzahl von Funktionen in direkter oder indirekter Weise verknüpft. Somit lassen sich durch die Gewinnung von Informationen zur Landschaftsstruktur Aussagen über den Zustand sowie die Dynamik der Tagebaulandschaft des Südraumes Leipzig ableiten. Die wichtigsten Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Erkennbarkeit und digitale Erfassung von Oberflächenstrukturen der Bergbaufolgelandschaft mit Fernerkundungsdaten und -methoden wurde in der vorliegenden Arbeit umfassend untersucht, diskutiert und dargestellt. Für die Erfassung der Biotop- und Landschaftsdiversität der Tagebaulandschaft des Südraumes Leipzig ist die digitale Erfassung der Biotop- und Landschaftsstrukturen erforderlich. So wurde die Erkennung, Erfassung und digitale Abgrenzung von Landschaftselementen sowie Biotop- und Landnutzungsstrukturen unter Anwendung unterschiedlicher Datenprodukte für den Südraum Leipzig getestet. Es zeigte sich, dass aufgrund geometrischer, spektraler, radiometrischer sowie temporaler Eigenschaften der Sensoren die Differenzierungstiefe der Oberflächenstrukturen unterschiedlich ausfällt. Eine starke Differenzierung der Oberflächenbedeckung erweist sich nur für Analysen und Auswertungen innerhalb eines Zeitschnittes als sinnvoll. Es konnte des Weiteren der Nachweis erbracht werden, dass die bildgebenden Eigenschaften der untersuchten Fernerkundungsdatenprodukte zur Erfassung insbesondere linearer Landschaftselemente nur unzureichend sind. So ist die Integration von Zusatzdaten eine notwendige Voraussetzung für Untersuchungen zum Landschaftsmonitoring sowie der Quantifizierung von Landschaftsstrukturen mittels Landschaftsstrukturmaßen (LSM). Bei den Untersuchungen zu wichtigen Rahmenbedingungen für das Monitoring sowie der Quantifizierung von Biotop- und Landschaftsstrukturen durch Landschaftsstrukturmaße standen die spezifische Betrachtung des Einflusses unterschiedlicher Rasterzellgrößen, die Wahl von Daten unterschiedlichen Datenursprungs (Raster/Vektor), die Frage der realitätsgetreuen Abbildung der Biotop- und Landschaftsstrukturen durch das klassifizierte Satellitenbild sowie die Analyse des Einflusses von Phänologie und Nutzungsänderungen landwirtschaftlicher Kultur- und Fruchtarten innerhalb eines Jahres im Vordergrund. Anhand der Ergebnisse konnte der Nachweis erbracht werden, dass die klassifizierten Satellitenbilddaten zu Untersuchungen des Landschaftsmonitorings sowie der Quantifizierung der Biotop- und Landschaftsstrukturen mittels Landschaftsstrukturmaße nur geeignet sind, wenn notwendige Rahmenbedingungen hierfür beachtet werden.
Das Landschaftsmonitoring der Tagebaulandschaft für den Südraum Leipzig mit Fernerkundungsmethoden wurde umfassend untersucht und diskutiert. Es konnte gezeigt werden, dass einerseits die Nutzung nur eines Sensortyps (SPOT-XS) sowie andererseits die Verwendung nur spektral gut erfassbarer sowie raumcharakterisierender Klassen zu inhaltlich guten Ergebnissen im Landschaftsmonitoring führt. So wurden nur die Klassen Gehölze, Laubwald, Vegetationsloses Offenland (Tagebau), Wasser sowie z. T. Bebauung und Grün- und Ackerland in alle nachfolgenden Analysen einbezogen. Die Einbeziehung von multitemporalen Datensätzen (SPOT-XS 1990, 1994, 1996) sowie von Zusatzdaten (Entwicklungskonzeption Landschaft für das Jahr 2020) erlaubt die Erfassung von Prozessverläufen der Landschaftsentwicklung. Hieraus ist die zeitliche und räumliche Rekonstruktion der Dynamik der Tagebaulandschaft mit den enthaltenen Biotop- und Landschaftsstrukturen möglich. Zur Durchführung des Landschaftsmonitorings wurden traditionelle Methoden der Flächenbilanzierung und Dichteanalysen mit neuen methodischen Ansätzen der Quantifizierung von Landschaftsstrukturen mittels Landschaftsstrukturmaßen verknüpft. In den Untersuchungen wurde der Nachweis erbracht, dass die Bergbaufolgelandschaft neben einer hohen zeitlichen Veränderung insbesondere eine hohe regionale Differenzierung aufweist. Als entscheidend erwies sich die Anwendung eines hierarchischen Ansatzes des Landschaftsmonitorings. So konnten einerseits Aussagen zur zeitlichen Gesamtentwicklung des Südraumes Leipzig getroffen werden sowie andererseits raumspezifische und regionale Entwicklungstrends und Tendenzen herausgearbeitet werden. Letzteres ist für die Beantwortung von Fragen zum lokalen Handlungsbedarf sehr wichtig.
Anwendung und Weiterentwicklung des Einsatzes von Landschaftsstrukturmaßnahmen als Indikatoren zur Quantifizierung der Landschaftsstruktur sowie für das Landschaftsmonitoring. Landschaftsstrukturmaße können als Indikatoren gelten, durch die das Muster, die Zusammensetzung sowie die Komposition und Konfiguration der Biotop- und Landschaftsstruktur des Südraumes Leipzig in unterschiedlichen räumlichen und zeitlichen Skalen beschrieben, charakterisiert und quantifiziert werden konnte. Die Vielseitigkeit der raumstrukturellen Änderungen machte die Einbeziehung von Flächen-, Kanten- und Formmaßen, Maßen der Nächsten-Nachbarschaft, der Diversität und Verteilung zur Charakterisierung der Änderungen von Biotop- und Landschaftsstrukturen erforderlich. Neben gängigen Landschaftsstrukturmaßen wurden spezifische Maße für die horizontale Schichtung entwickelt, getestet und angewendet. Die Untersuchungen zeigen, dass nicht ein Landschaftsstrukturmaß allein sondern nur ein Set von Maßen geeignet ist, die Dynamik der Biotop- und Landschaftsstrukturen der Tagebaulandschaft quantitativ zu erfassen und zu beschreiben. Auch hier erwies sich der hierarchische Ansatz der Quantifizierung von Biotop- und Landschaftsstrukturen unterschiedlicher Aggregationsebenen zum Erhalt flächenkonkreter Aussagen als richtungsweisend.